Spargelanbau im Ried

Spargel

Die Städte Lampertheim und Bürstadt im hessischen Ried sind über die Grenzen des Rieds bekannt für das weiße Gold, den Asparagus Officinalis oder landläufig Spargel genannt. So locken diese jährlich mit dem Lampertheimer Spargelfest sowie der Spargelwanderung 10.000 von Besuchern nach Lampertheim und auf die Felder zwischen Lampertheim und Bürstadt. Doch wie kam es zum Spargelanbau und zu der Identifizierung mit dem Spargel im Ried? Und wie wird der Spargel angepflanzt? Diesen Fragen wird in diesem Bericht nachgegangen.

Der Spargel - Weißes Gold der Antike

Wahrscheinlich wurde der Spargel bereits früh am Nil bei den alten Ägyptern verehrt. Dies könnte ein Fund eines Reliefs von einem dreifach verschnürten Spargelbund belegen, der bei einer Opfergabe eines Königs der fünften Dynastie (2750 - 2625 v.Chr.) gefunden wurde. Auch wenn dies mit Vorsicht zu genießen ist, da es sich hier auch um Papyrus oder Holz handeln könnte, wäre der Anbau für die ägyptischen Könige bereits beachtlich. Aber auch die Chinesen schätzten bereits vor 4000 Jahren den vorzüglichen Geschmack sowie die gesundheitsfördernde Wirkung des Spargels. Es folgten die Griechen 460 - 370 v.Chr.. Somit wurde der gute Geschmack sowie die harntreibende und entzündungshemmende Wirkung des Spargels bereits in der Antike geschätzt. Die ersten Anleitungen zur Kultivierung stammen aus der Zeit von 175 bis 150 v.Chr. Hier hat Konsul Marcus Porcius Corto in seinem Werk “De agri cultura” sein Wissen über den Spargel niedergeschrieben. Weiter geht es im 9. Jahrhundert und 12. Jahrhundert: Hier gibt es ebenfalls Berichte von Mönchen über die Existenz des Spargels. Aber auch beim französischen Sonnenkönig Ludwig XIV und Königin Elisabeth I hatte der Spargel seinen festen Platz auf der Speisekarte. Erst 1567 gibt es dann die ersten Nachweise für den Spargelanbau in Deutschland, genauer, bei Stuttgart für Kurfürst Karl Ludwig. Hoffähig wurde der Spargel dann auch 1810 in Österreich. Wenn der Spargel auch in Königshäusern seinen festen Platz auf der Speisekarte hatte, so liegt es nahe, dass auch die Besteck- und Geschirrindustrie ihre Gelegenheit erkannten und extra Besteck sowie kunstvoll geschwungene Platten für den Spargel anboten.

Spargel in Lampertheim - Der Lehrer war es gewesen

Während der Pionier des Spargelanbaus in Lampertheim, Oberlehrer Joseph Hiemenz 1880 den Spargel auf dem Grund des heutigen Restaurants Deutsches Haus in Rundbetten anpflanzte, rationalisierte Lehrer Karl Faustmann den Spargelanbau. Er pflanzte den Spargel erstmals in maschinenfähigen länglichen Spargelbalken an und verdiente sich so einen beachtlichen Nebenverdienst. Den Durchbruch verschaffte Eugen Schreiber dem Spargel. Dieser sorgte dafür, dass der Spargel von immer mehr Betrieben angebaut wurde. So stieg der mit dem Spargel gemachte Umsatz in Lampertheim bis in die 30er Jahre auf 400.000 Mark. Zusammen mit Hermann Wegerle gründete Eugen Schreiber später die Obst- und Gemüseverwertungsgesellschaft, aus der später die Lampertheimer Warengenossenschaft hervorging. Hier wurde der Spargel erst in der alten Spargelhalle in der Eugen Schreiber Straße gehandelt. Vor allem in den Nachkriegsjahren nutzten viele Nebenerwerbslandwirte die Möglichkeit, mit dem Spargelanbau einen beachtlichen Nebenverdienst zu erzielen. Dazu wurde 1957 dann die neue Markthalle gebaut, um den Ansturm in den Hochzeiten von mehr als 1000 Anlieferern Herr zu werden. Hier wurde der Spargel nach den Güteklassen AI, AII sowie B und C sortiert. Mit Aufkommen von Importspargel in den Supermärkten gaben viele den Spargelanbau im Nebenerwerb auf und die Zahl der Anlieferer wurde zusehends geringer. Nachdem infolge der kleiner werdenden Zahl an Anlieferern die Markthalle nicht mehr benötigt wurde und diese in den Nuller Jahren als Möbelhaus sowie Kaufhaus zweckentfremdet wurde, wurde diese im Jahr 2005 abgerissen. Heute wird der Lampertheimer Spargel hauptsächlich in der Direktvermarktung in Hofläden, den Spargel- und Erdbeerständen oder auf dem Pfalzmarkt gehandelt.

Die Geburtsstunde des Spargelfestes

In den Anfangsjahren des Spargelanbaus verfügte längst nicht jeder Landwirt über ein eigenes Fahrzeug. Der Spargel wurde in extra dafür errichteten Spargelhäuschen für den Transport und den Verkauf vorbereitet. Erst danach erfolgte der Abtransport mit der Bahn. An der Haltestelle “Gasthaus Heide” wurde zum Ende der Spargelsaison mit den Erntehelfern ein Fest in Kerwemanier gefeiert. Hier ließ man die Spargelsaison Revüe passieren. Um die gesamte Bevölkerung daran teilhaben zu lassen, entwickelte sich aus diesen bescheidenen Anfängen 1934 das erste Spargelfest und war mit 2500 Besuchern und 50 Zentnern verkauftem Spargel sogleich ein voller Erfolg. Mit Festzug, Tanzbühne sowie Gesangseinlagen wie dem extra gedichteten Spargellied von Otto Gevert des Lampertheimer Gesangvereins, wurde ausgelassen gefeiert. In den nächsten Jahren entwickelte sich das Spargelfest zu einem immer größer werdenden Volksfest und lockte immer mehr Besucher nach Lampertheim. Nachdem 1936 erstmals eine Festschrift angefertigt wurde, hatte der Festzug 1938 bereits 40 Nummern. Bedingt durch den 2. Weltkrieg wurde die Tradition des Spargelfestes 1939 unterbrochen. Erst 1949 wurde es unter der Leitung des Verkehrsvereins fortgesetzt und ständig ausgeweitet, bis es 1954 mit 9 Festtagen seinen Höhepunkt erreichte. 1965 wurde dann erstmals eine Spargelkönigin gekürt. Hier ließen sich auch die Stars blicken. So war Heinz Schenk genauso mit von der Party, wie Billy Mo und die Jakob Sisters. Um das Spargelfest über die Grenzen Lampertheims bekannt zu machen, wurde von Anfang an nach einem attraktiven Symbol gesucht. Die größte Zustimmung erhielt der Vorschlag des Lehrers Friedrich Möps: getreu des Freiherrn von Münchhausen ritt ab sofort der Spargelritter auf einer Stange Spargel durch die Landschaft.

Spargel Dinner über dem Atlantik

Selbst die erlesene Gesellschafft, die sich eine Atlantiküberquerung mit dem König der Lüfte, dem Luftschiff Hindenburg leisten konnten, genossen an Bord den Spargel. So gab es bei der Orientfahrt von Frankfurt a.M. nach Lakehurst USA am 10. Mai 1936 neben klarer Schildkrötensuppe sowie Geflügelpasteten und Vanilleeis frischen Lampertheimer Spargel.

Spargelwanderung

Seit 2012 wird dem Spargel neben dem Spargellauf und dem Spargelfest eine weitere Veranstaltung gewidmet: Die Spargelwanderung: Diese lockt jährlich bis zu 20.000 Besucher auf die Felder zwischen der Spargelstadt Lampertheim und der Sonnen- und Bürgerstadt Bürstadt. Erwachsen ist diese aus der offenen interkommunalen Zusammenarbeit der Stadt Bürstadt und der Stadt Lampertheim. Unter dem Motto: “Spargel. Wein. Kultur” können sich Besucher bei den zahlreichen Akteuren aus Landwirtschaft, Kultur und Gastronomie über den Spargel sowie die 16 verschiedenen angebauten Erzeugnisse und Spezialitäten wie der Spargelbratwurst oder eingekochten Spargel zwischen Bürstadt und Lampertheim informieren und diese sogleich verkosten oder deren Geruch genießen. Aber auch zahlreiche Vereine wie der Bulldog und Landmaschinenclub Bürstadt, die Landfrauen oder verschiedene Live Bands tragen ihren Teil zu einer rundum gelungenen Veranstaltung bei.

Genügsamer Spargel

Weißer Spargel
Frei gegrabener Weißer Spargel

Spargel wird am besten auf Sand angebaut. Während die Redewendung auf Sand gebaut meist bedeutet, dass man sich bei seinem Vorhaben auf eine unsichere Faktenlage verlässt und das Vorhaben oft zum Scheitern verurteilt ist, bevorzugt der Spargel diese Art des Anbaus.

Ein guter Sandboden mit Beimischungen von Kalk und Lehm bietet dem Spargel, der bis zu 5 Meter tief wurzelt, ideale Bedingungen. All dies bietet die Rheinische Tiefebene Lampertheims. Während der Spargel auf lehmigem Boden besonders ertragreich ist, bildet er bei sandigem Boden seinen typischen Geschmack am besten aus. Erfolge in der Zucht der Spargelpflanze gleichen den Nachteil von lehmigem Boden häufig wieder aus. Da der Johannistage am 24.06. wegen der Regenerationszeit der Spargelpflanze unverrückbar als Ende der Spargelsaison gilt, suchten die Landwirte der Region nach einer Möglichkeit, mit der Spargelernte früher beginnen zu können. Um bereits Ende Februar für ideale Temperaturen in den Spargelbalken für das Wachstum des Spargels zu sorgen, werden sie mit Folie abgedeckt. Diese bedeckt nur die Balken und lässt die Wege für das Abfließen des Niederschlages frei. Schwarze Folie sorgt für wärmere Temperaturen, weiße Folie reflektiert die Sonne und sorgt für kühlere Temperaturen.

Grüner Spargel
Grüner Spargel
Grüner Spargel
Grüner Spargel wird geschnitten statt gestochen

Grüner Spargel

Der Grüne Spargel gehört ebenso zu den Liliengewächsen wie der weiße Spargel. Der Unterschied ist, dass er die Fähigkeit verloren hat, den Stoff Anthocyane auszubilden und sich somit beim Durchbrechen der Erdoberfläche nicht blau verfärbt. Anstatt gestochen, wird dieser mit einer Größe von 25cm geschnitten. Der Grüne Spargel eignet sich besonders zum Braten und schmeckt deutlich intensiver als der beliebtere Bleichspargel.

Team Erntehelfer Lampertheim
Erntehelfer gehen Reihe für Reihe die Spargelbalken ab
Spargelfeld in Lampertheim
Spargelfeld in Lampertheim
Spargelfeld mit Folie abgedeckt
Spargelfeld zur Wärmeregulation mit Folie abgedeckt
Erntehelfer beim Spargel stechen
Spargel wieder für nachkommende Spargel zudecken
Spargel stechen Lampertheim
Spargel wird Idealerweise mit Stecheisen mit einer Größe von 25cm gestochen

Spargelernte

Da Vollernter für Spargel technisch noch nicht ausgereift sind und der hohe Preis sein übriges dazu tut, ist Spargelstechen (ernten) immer noch Handarbeit. Hierfür laufen die Erntehelfer die langen Reihen ab und halten Ausschau nach Rissen wo sich andeutet, dass der Spargel in der Nacht hervorstechen wird. Nachdem der Spargel auf einer Seite frei gegraben wurde, wird das Stecheisen vorsichtig an der Spargelstange nach unten geführt, um diesen idealerweise mit einer Länge von 25 cm abzustechen. Wichtig ist hierbei, den Spargel möglichst genau zu treffen, um nachkommende Spargel nicht zu verletzen. Nach dem Herausheben des Spargels wird das Loch mit der Glättkelle sorgfältig verschlossen und der Spargel ins Weidekörbchen, heute in die Plastik- oder Metalkisten gelegt. Nun beginnt das Prozedere Spargel für Spargel wieder von vorne.

Spargelqualität

Spargelverkauf in Lampertheim
Spargelverkauf in Hofläden in Lampertheim

Spargel kauft man am besten direkt vom Landwirt. Denn bereits nach wenigen Stunden verliert der Spargel an Geschmack. Deshalb sind für den perfekten Spargelgeschmack kurze Transportwege unerlässlich. Hier können die heimischen Direktvermarkter mit ihren kurzen Wegen punkten, und wenn der Spargel hier zu teuer ist, kann immer noch auf geschmacklich erstklassigen Bruchspargel zurückgegriffen werden. Einziges Manko: Er passt mit seiner Form nicht in unsere EU- oder Handelsrichtlinien. Qualitativ ist dieser jedoch einwandfrei.

Auf dem Pfalz-Markt in Mutterstadt wird hier zwischen ganzen 17 Handelsklassen unterschieden. Grundsätzlich kann man sich als Verbraucher aber merken: Desto Dicker der Spargel, desto weniger Aufwand hat man mit dem Schälen. Während eine Spargelschälmaschine Ende der 90er Jahre noch Zukunftsmusik war, gehört diese heute zur Basisausstattung eines Spargelanbaubetriebes. Hier wird der Spargel automatisch geschält und gewaschen. Sortiert wird der Spargel heute über spezialisierte Maschinen, die die den Spargel optisch vermessen, die Farbe bestimmen und ihn in die jeweiligen Handelsklassen einsortieren.

Spargelkraut

Nachdem die Spargelsaison abgeschlossen ist, läst man die Spargelpflanze empor wachsen , damit diese mithilfe des Sonnenlichtes Photosynthese betreibt und zusammen mit Mineralsalzen im Boden Reservestoffe im Wurzelstock einlagert und somit Kraft für die nächste Saison schöpft. Da der Spargel eine Staude ist, stirbt das Kraut im Herbst ab. Während dieses früher wegen der Gefahr eines Rostpilzes verbrannt wurde, wird es heute von den Landwirten feinstmöglich gehäckselt und auf den Feldern sorgfältig verteilt. Nun verrottet das Kraut und reichert den Boden mit Humus an und dient der Spargelpflanze als Dünger beim erneuten Austreiben im nächsten Frühjahr.

Zukunft des Spargelanbaus

Spargelschälmaschine
Bei Hofläden gilt eine Spargelschälmaschine heute als Standard

Bereits heute haben die heutigen Anbaumethoden der Landwirte mit denen der Pioniere des Spargelanbaus nicht mehr viel gemeinsam. Die ganzen Nebenerwerbslandwirte sind längst verschwunden und ein möglichst großflächiger Anbau gilt als optimal. Aber auch bei der Technik gibt es Neuerungen: Während bei vielen Landwirten die Spargelbalken von Hand ab und wieder zugedeckt werden, sind vielerorts bereits leichte Fahrzeuge im Einsatz, die diese Aufgabe erledigen und es einem einzelnen Erntehelfer ermöglichen, effizient zu arbeiten. Ergänzt kann dies durch einen Spargelvollernter werden. Dieser wird bedient wie ein Computerspiel. Der Erntehelfer markiert auf dem Boden den Punkt, wo der Spargel geerntet werden soll, und der Vollernter erledigt das Stechen des Spargels. Diese Methode ist bei krumm gewachsenem Stangen jedoch fehleranfällig. Des weiteren wird heute in vielen Betrieben der Wassergehalt sowie die Temperatur in unterschiedlichen Tiefen im Boden gemessen. Somit kann durch geschickten Einsatz der Abdeckfolien ein optimaler Ertrag erzielt werden. Bei all diesen technischen Errungenschaften bleibt festzu- halten, dass Spargelernte immer noch zeit- und arbeitsintensiv ist und jeder Landwirt selbst entscheiden muss, was betriebswirtschaftlich für ihn am meisten Sinn macht.

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